Textlabor #1

Doppelwort gendern

Gezeichnete Glaskolben wie aus einem Chemielabor weisen auf das Serviceangebot des Textlabors hin: Hier bespricht das Team Genderleicht knifflige Textfragen.

Sophie W., Stipendiatin, kam beim Abfassen eines Studienberichts nicht weiter. Sie schreibt:

Wie kann ich zusammengesetzte Wörter wie „Expertenwissen“ und „Kultusministerkonferenz“ gendern?“

Es ging um den Satz: „Als zukünftige Lehrer*innen sollten wir über das nötige Expertenwissen verfügen.” Ich habe es dann einfach zu Expert*innenwissen gemacht. Auch kritisch: Wenn ich in einem Satz über Kultusminister*innen und kurz darauf über die Kultusministerkonferenz schreibe. Ist hier ja aber eher ein Problem in der Bezeichnung der Institution. Doof aussehen tut es natürlich trotzdem.

Das ist in der Tat kniffelig. Die Doppelwörter, die sogenannten Komposita, sind nicht nur eine beliebte Wortform im Deutschen. Die zusammengesetzten Wörter sind auch beim Gendern besonders kompliziert: Diese Wörter wirken oft sehr maskulin, denn die eingefügte Personenbeschreibung verwendet das generische Maskulinum. Aber sind sie das wirklich? Und wie können wir das korrigieren?

Im Ratgeberbuch „Gendern ganz einfach“ aus dem Dudenverlag gibt es dazu eine kluge Erklärung, die wir hier zusammenfasst wiedergeben. Bei festen Wortformen, deren Stamm formgleich mit dem Maskulinum ist, muss unterschieden werden: Geht es um einen konkreten Sachbezug, wird meist nicht mithilfe einer weiblichen Form gegendert. Der Bürgersteig und das Expertenwissen bleiben so wie sie sind. Oft finden sich aber Synonyme: Gehsteig ersetzt den Bürgersteig, Fachwissen oder Expertise das Expertenwissen.

Bei Wörtern mit Personenbezug kann es sinnvoll sein, einen femininen Wortteil zu bilden, insbesondere wenn sich das Wort konkret auf weibliche Personen bezieht: Königinnentum, Journalistinnenbund. Das „Kanzleramt“ dagegen ist ein feststehender Begriff aus der Amtssprache, obwohl dort 16 Jahre lang eine Kanzlerin regiert hat. Dasselbe gilt für „Kultusministerkonferenz“. Amtsbegriffe oder auch feststehende Eigenbezeichnungen wie „Steuerzahlerbund“ sollten Sie nicht eigenmächtig in Ihrem Text ändern. Die jeweilige Organisation wird schon selbst über eine Anpassung ihres Namens nachdenken. Der NDR und der rbb haben beispielsweise nach demokratischer Abstimmung das Wort „Redakteursausschuss“ in „Redaktionsausschuss“ geändert.

Ist es möglich, den Personenbezug zu feminisieren, kommt die Frage nach dem Einfügen des Gendersterns auf: König*innentum? Hmm!? Offizieller Sprachgebrauch nach den Regeln der Rechtsschreibung ist dies nicht. Dennoch sind solche Wortspielereien gelegentlich zu entdecken. Die Sprache entwickelt sich weiter und wir werden sehen, ob sich so etwas durchsetzt.

Wir würden also in Ihrem Textbeispiel die „Kultusministerkonferenz“ stehen lassen, aber das Wort „Kultusminister*innen“ wie folgt auflösen:

Ministerinnen und Minister, die in ihren Bundesländern für Kultur und Bildung zuständig sind … und regelmäßig zur Kultusministerkonferenz zusammenkommen.

Manchmal passt so ein erklärender Satz prima, auch wenn er länger ist.

Der Satz, für den Sie eine Lösung gesucht haben, würde bei uns so aussehen:

Als zukünftige Lehrer*innen sollten wir über das nötige Fachwissen verfügen.

Wir hoffen, das hilft Ihnen weiter.
Gruß Team Genderleicht

Linktipp:
Textlabor #21: Liebe ohne Doppelwort
Duden: Gendern für Profis: Zusammengesetzte Wörter mit Personenbezeichnungen

Rat und Expertise

Mitten im Sprachwandel gab es viele Fragen zum geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen. Das Team Genderleicht hat während der ersten Projektphase 2020/21 viele Zuschriften beantwortet. Wir haben fachlichen Rat recherchiert und uns am allgemeinen Sprachgefühl bei unseren Anregungen und Empfehlungen orientiert. Wir finden: Zum Gendern ist alles gesagt. Eine Antwort auf Ihre kniffelige Frage finden Sie bestimmt im Textlabor.