Gendern im Journalismus – was ist machbar? In traditionellen Medienhäusern werden Schreibweisen, bei denen sich die gewohnte Optik der Worte verändert, zwar mit wachsendem Interesse, aber noch überwiegend skeptisch betrachtet. Mit Verweis auf den Lesefluss zurücklehnen und alles so lassen wie es ist? Das gilt nicht!
Geschlechtergerechter Journalismus kommt weitgehend ohne Gendersternchen aus. Wenn Sie kreativ formulieren, Allgemeinplätze und Klischees vermeiden, haben Sie schon viel getan. Dezent eingesetzte Beidnennung stört den Lesefluss nicht. Besser noch, Sie bleiben geschlechtsneutral. Außerdem kommen Sie mit Umschreibungen und Synonymen unglaublich weit – Ihr Text wird dadurch aktiver und interessanter. Auch, weil Sie durch die neuen Formulierungen die ewig gleichen Worthülsen vermeiden, die in journalistischen Texten gern verwendet werden.
Sie wollen Beweise? Bitte schön:
Diskriminierungsfreie Formulierungen
Wir haben Wortkonstellationen, wie sie typischerweise in journalistischen Texten vorkommen, herausgesucht und machen Ihnen alternative Vorschläge für diskriminierungsfreies Formulieren. Auch aus dem beruflichen Umfeld von Medienschaffenden finden Sie sprachliche Alternativen.
Neutrale Synonyme
Mitarbeiter → Beschäftigte
Parlamentarier → Abgeordnete
Experten → Fachleute
Fachmann → Fachkraft
Zuschauer → Publikum
Zuhörer → Publikum, Auditorium
Schüler → Schulkinder (passt nur für die jüngeren)
Vertrauensmann → Vertrauensperson
Augenarztpraxis → Praxis für Augenheilkunde
Autor → Buch (und Regie)
Umschreibungen
Mitschüler → andere Kinder aus der Klasse
Patienten → zu behandelnde Personen/Kranke
Regisseur → unter der Regie von
Kämpfer für Klimaschutz → im Kampf für Klimaschutz/Menschen, die sich für den Klimaschutz engagieren
Bsp.:
Mieter zahlen die Hälfte ihres Einkommens → für die Miete geht die Hälfte des Einkommens drauf
Tätigkeiten statt Personen
Fußgänger → wer zu Fuß geht
Reporter → XY berichtet vom Ort des Geschehens
Aktivisten → aktiv in der politischen Debatte
Partizip Perfekt
Herausgeber → herausgegeben von
Teilnehmer → teilgenommen haben
Vertreter → vertreten durch
Gäste → eingeladen sind
Verb statt Substantiv
Referenten → es referieren
Teilnehmer → es nehmen teil
Moderator → durch die Veranstaltung führt Sie
Abstraktion
Administrator → Administration
Koordinator → Koordination
Moderator → Moderation
Substantivierte Partizipien und Adjektive
Journalisten → Medienschaffende
Mitarbeiter → Mitarbeitende
Studenten → Studierende
Teilnehmer → Anwesende/ Teilnehmende
Interessenten → Interessierte
Institutionen statt Personen
Redaktionsleiter → Redaktionsleitung
Kollegen → Kollegium
Vertreter → Vertretung
Chefs → Geschäftsleitung/ Direktion/ Führungskreis/ Führungskräfte/ Entscheidungsebene
Intendant → Intendanz
aber:
Mannschaft → Team
Zusammengesetzte Wörter
Rednerpult → Redepult
Wählerumfrage → Wahlumfrage
Expertenwissen → Expertise/Fachwissen
Geschlechtsneutrale Pronomen
Nutzer → alle, die xy nutzen
Teilnehmer → wer teilnimmt
einer soll es machen → jemand soll es machen
keiner hat recht → niemand hat recht
Jeder/jede → alle/ oder auch: jede und jeder
man → viele oder ich/wir/oder die konkrete Person nennen
keiner/keine → niemand
irgendeiner/irgendeine → irgendwer/ irgendjemand
Unbestimmte Fürwörter
Interessenten → Wer sich für xy interessiert, hat … (das „der“ im Relativsatz kann entfallen)
Beid- oder Doppelnennung
Mieter → Mieterinnen und Mieter
Rentner → Rentnerinnen und Rentner
Politiker → Politikerinnen und Politiker
Im Adjektiv steckt das neutrale Nomen
Festangestellte Mitarbeiter → Festangestellte
Freie Mitarbeiter → Freie
Adjektivische Bestimmungen
Arztsprechstunde → ärztliche Sprechstunde
Rat eines Fachmanns → fachlicher/fachkundiger Rat
Mieterberatung → mietrechtliche Beratung
Präzise Funktionsbeschreibungen
An Kanzlerin und Kauffrau haben wir uns gewöhnt. Die amtliche Berufsordnung sieht männliche und weibliche Berufsbezeichnungen vor. Rein weibliche Berufsnamen sind sehr selten. Für sie wurden männliche Ersatzwörter geschaffen, z.B.: Krankenschwester und Krankenpfleger. Statt Krankenschwester heißt es heute oft Pflegefachkraft oder Pflegerin.
Nicht das Richtige dabei?
Weitere geschlechtsneutrale Wortideen finden Sie im Genderwörterbuch von Johanna Usinger.
Mehr Tipps für Medienschaffende
Broschüre für NDR-Redaktionen: „Sprache schafft Bewusstsein – Anregungen für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch“
NDR, Abt. Gleichstellung und Diversity, zum Download
Alle Sprachtipps vom Team Genderleicht finden Sie bei Tipps & Tools
Katalin Vales
REFERENTIN GENDERLEICHT.DE
Sie kennt Print- und Hörfunkredaktionen von innen und stand dem Gendern anfangs skeptisch gegenüber. Doch die vielen Argumente dafür haben die freie Journalistin überzeugt. Inzwischen formuliert Katalin Valeš gendersensibel und hat festgestellt: es geht sehr gut und macht Spaß.
Ideen und Impulse
Bei Genderleicht & Bildermächtig finden Sie Argumente und Fakten sowie Tipps und Tools für die gendersensible Medienarbeit.
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