Neutral texten geht auch

von | 25. Juni 2019 | Gendern im Journalismus, Praxistipps

Zeitungsstapel, ganz nah und von der Seite fotografiert

Viele Printmedien lehnen das Gendersternchen ab. Geschlechtsneutrale Formulierungen sind eine Alternative.
© C. Olderdissen

Gendern im Journalismus – was ist machbar? In traditionellen Medienhäusern werden Schreibweisen, bei denen sich die gewohnte Optik der Worte verändert, zwar mit wachsendem Interesse, aber noch überwiegend skeptisch betrachtet. Mit Verweis auf den Lesefluss zurücklehnen und alles so lassen wie es ist? Das gilt nicht!

Geschlechtergerechter Journalismus kommt weitgehend ohne Gendersternchen aus. Wenn Sie kreativ formulieren, Allgemeinplätze und Klischees vermeiden, haben Sie schon viel getan. Dezent eingesetzte Beidnennung stört den Lesefluss nicht. Besser noch, Sie bleiben geschlechtsneutral. Außerdem kommen Sie mit Umschreibungen und Synonymen unglaublich weit – Ihr Text wird dadurch aktiver und interessanter. Auch, weil Sie durch die neuen Formulierungen die ewig gleichen Worthülsen vermeiden, die in journalistischen Texten gern verwendet werden.
Sie wollen Beweise? Bitte schön:

 

Diskriminierungsfreie Formulierungen

Wir haben Wortkonstellationen, wie sie typischerweise in journalistischen Texten vorkommen, herausgesucht und machen Ihnen alternative Vorschläge für diskriminierungsfreies Formulieren. Auch aus dem beruflichen Umfeld von Medienschaffenden finden Sie sprachliche Alternativen.

 

Neutrale Synonyme

Mitarbeiter → Beschäftigte
Parlamentarier → Abgeordnete
Experten → Fachleute
Fachmann → Fachkraft
Zuschauer → Publikum
Zuhörer → Publikum, Auditorium
Schüler → Schulkinder (passt nur für die jüngeren)
Vertrauensmann → Vertrauensperson
Augenarztpraxis → Praxis für Augenheilkunde
Autor → Buch (und Regie)

 

Umschreibungen

Mitschüler → andere Kinder aus der Klasse
Patienten → zu behandelnde Personen/Kranke
Regisseur → unter der Regie von
Kämpfer für Klimaschutz → im Kampf für Klimaschutz/Menschen, die sich für den Klimaschutz engagieren

Bsp.:
Mieter zahlen die Hälfte ihres Einkommens → für die Miete geht die Hälfte des Einkommens drauf

 

Tätigkeiten statt Personen

Fußgänger → wer zu Fuß geht
Reporter → XY berichtet vom Ort des Geschehens
Aktivisten → aktiv in der politischen Debatte

 

Partizip Perfekt

Herausgeber → herausgegeben von
Teilnehmer → teilgenommen haben
Vertreter → vertreten durch
Gäste → eingeladen sind

 

Verb statt Substantiv

Referenten → es referieren
Teilnehmer → es nehmen teil
Moderator → durch die Veranstaltung führt Sie

 

Abstraktion

Administrator → Administration
Koordinator → Koordination
Moderator → Moderation

 

Substantivierte Partizipien und Adjektive

Journalisten → Medienschaffende
Mitarbeiter → Mitarbeitende
Studenten → Studierende
Teilnehmer → Anwesende/ Teilnehmende
Interessenten → Interessierte

 

Institutionen statt Personen

Redaktionsleiter → Redaktionsleitung
Kollegen → Kollegium
Vertreter → Vertretung
Chefs → Geschäftsleitung/ Direktion/ Führungskreis/ Führungskräfte/ Entscheidungsebene
Intendant → Intendanz

aber:
Mannschaft → Team

 

Zusammengesetzte Wörter

Rednerpult → Redepult
Wählerumfrage → Wahlumfrage
Expertenwissen → Expertise/Fachwissen

 

Geschlechtsneutrale Pronomen

Nutzer → alle, die xy nutzen
Teilnehmer → wer teilnimmt
einer soll es machen → jemand soll es machen
keiner hat recht → niemand hat recht

Jeder/jede → alle/ oder auch: jede und jeder
man → viele oder ich/wir/oder die konkrete Person nennen
keiner/keine → niemand
irgendeiner/irgendeine → irgendwer/ irgendjemand

 

Unbestimmte Fürwörter

Interessenten → Wer sich für xy interessiert, hat … (das „der“ im Relativsatz kann entfallen)

 

Beid- oder Doppelnennung

Mieter → Mieterinnen und Mieter
Rentner → Rentnerinnen und Rentner
Politiker → Politikerinnen und Politiker

 

Im Adjektiv steckt das neutrale Nomen

Festangestellte Mitarbeiter → Festangestellte
Freie Mitarbeiter → Freie

 

Adjektivische Bestimmungen

Arztsprechstunde → ärztliche Sprechstunde
Rat eines Fachmanns → fachlicher/fachkundiger Rat
Mieterberatung → mietrechtliche Beratung

 

Präzise Funktionsbeschreibungen

An Kanzlerin und Kauffrau haben wir uns gewöhnt. Die amtliche Berufsordnung sieht männliche und weibliche Berufsbezeichnungen vor. Rein weibliche Berufsnamen sind sehr selten. Für sie wurden männliche Ersatzwörter geschaffen, z.B.: Krankenschwester und Krankenpfleger. Statt Krankenschwester heißt es heute oft Pflegefachkraft oder Pflegerin.

 

Nicht das Richtige dabei?

Weitere geschlechtsneutrale Wortideen finden Sie im Genderwörterbuch von Johanna Usinger.

 

Mehr Tipps für Medienschaffende

Broschüre für NDR-Redaktionen: „Sprache schafft Bewusstsein – Anregungen für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch“
NDR, Abt. Gleichstellung und Diversity, zum Download

Alle Sprachtipps vom Team Genderleicht finden Sie bei Tipps & Tools

Portrait Katalin Vales

Katalin Vales

REFERENTIN GENDERLEICHT.DE

Sie kennt Print- und Hörfunkredaktionen von innen und stand dem Gendern anfangs skeptisch gegenüber. Doch die vielen Argumente dafür haben die freie Journalistin überzeugt. Inzwischen formuliert Katalin Valeš gendersensibel und hat festgestellt: es geht sehr gut und macht Spaß.

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