„Ich freue mich sehr, wenn Leute gendern.“

von | 7. Oktober 2019 | Weggeräumt

Silhouette Hochschule Düsseldorf - schwarze Linie auf hellblauem Hintergrund - mit der Frage: Wer gendert hier?

Wenn es ums Gendern geht, scheinen sich die Jüngeren damit leicht zu tun, insbesondere an den Universitäten. Das Partizip „Studierende“ hat bereits das Wort „Studenten“ abgelöst. Viele junge Leute sprechen auch den Gender-Gap ohne ins Stocken zu geraten.

Aber ist das mit der geschlechtergerechten Sprache wirklich so easy? Und welche Rolle spielen dabei Medienberichte zum Gendern? Wir haben Studierende gefragt – Sieben Interviews in sechs Tagen.

 

Genderleicht.de im Gespräch mit Studierenden

Unsere Blogserie zum Semesterstart
 

#1 Jana, Studentin der Sozialen Arbeit

An der Spraywand mit Jugendlichen neue Motive gestalten oder Kinder beim Klettern sichern, das macht Jana in ihrem Job am liebsten. Seit 2011 arbeitet sie in verschiedenen Kinder- und Jugendeinrichtungen in Köln. Passend dazu studiert sie seit 2017 Soziale Arbeit an der Hochschule Düsseldorf. Das Fördern von Gleichberechtigung ist für die 28-Jährige alltäglich.

 

Was hältst du vom Gendern?

Also insgesamt finde ich es sehr wichtig, dass einfach jede*r in der Sprache eingebunden wird. Ich weiß noch, dass uns eine Dozentin ein Rätsel vorgestellt hat, zum Thema Sprache. Da geht es um einen Vater, der mit seinem Sohn Auto fährt. Sie haben einen Verkehrsunfall, der Vater stirbt und der Sohn kommt ins Krankenhaus. Der Chirurg sagt dann, er kann nicht operieren: „Das ist mein Sohn“. Und da war es mega-interessant, auf welche Ideen man kommt, und wie lange diskutiert wird, bis man sieht, dass es an der Sprache liegt: Wir haben nicht erkannt, dass „der Chirurg“ die Mutter des Kindes ist.

 

Wie steht die Uni zu der Thematik? Gibt es Vorgaben?

Im Unikontext ist das Gendern von den meisten Dozent*innen gewollt. Eine Dozentin hätte sogar Punkte abgezogen, wenn wir es nicht gemacht hätten. Aber bei ihr ging es auch um das Thema Gender. Ich glaube aber auch, dass es generell okay wäre, wenn ich nicht gendern würde.

 

Wann bist du das erste Mal mit gendersensibler Sprache in Berührung gekommen?

Das erste Mal war eigentlich, als ich mir die Haare auf einer Seite abrasiert hatte und mich immer alle als Jungen angesprochen haben. Mich hat das damals sehr geärgert. Doch dann habe ich mich gefragt, warum mich das so aufregt. Es ist voll in Ordnung, ein junger Mann zu sein oder ein Junge, nur ich habe mich ja als Frau gesehen. Da ist mir bewusst geworden, was die Sprache auch mit mir selber macht.

 

Sprichst oder schreibst du selbst gendersensibel?

Selber schreibe ich mehr und mehr so. Ich freue mich sehr, wenn Leute das machen. Weil ich es eben selbst nicht immer mache. Es ist auf jeden Fall mehr geworden in den letzten Jahren. Auch durch die Zeitungen, die ich mal lese. Es spielt auch eine Rolle, in was für einem Umfeld man sich aufhält und ob es die Gesellschaft widerspiegelt. So wird in meinem Umfeld ein bisschen mehr drauf geachtet, doch wenn ich durch die Straßen von Köln laufe, fällt mir keine Änderung auf.

 

Ist dein Bewusstsein auch durch die Genderdebatte in den Medien gestiegen?

Ja, ich sehe, dass es vielen Menschen wichtig ist und dass es die Möglichkeit gibt, sich sprachlich so auszudrücken. Gleichzeitig – ich weiß nicht, ob man da die Verbindung schließen kann – aber rechte Parteien haben ja auch gerade mehr Zuspruch, und genau die sprechen gegen die Gleichberechtigung. Ich denke, wenn was gutes Alternatives neu ist, passiert dann auch schnell was auf der anderen Seite.

 

Gibt es einen Moment oder eine Situation, die dich besonders überrascht hat?

Ich habe mich ein bisschen vor mir selbst erschreckt, dass ich so in das Rätsel rein gerannt bin, obwohl ich mich schon mit dem Gendern ausgekannt habe. Um wirklich die Strukturen und Systeme, die einem anerzogen worden sind zu ändern, muss man echt viel reflektieren und sehr aufmerksam sein. Nur so kann sich positiv etwas verändern.

Morgen geht es weiter

Warum Physikstudent Arne eine flüssige gendergerechte Sprache wichtig ist.

 

Tipps fürs Gendern beim Schreiben und Sprechen

… finden Sie bei Tipps & Tools

Studierenden empfehlen wir Sprachleitfäden der TU Berlin, TU Dresden und der Uni Köln auf unserer Seite Wissen.

Sprachleitfaden Uni Düsseldorf: Jeder ist keine Frau

Portrait Anna E. Poth

© privat

Anna E. Poth

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Anna E. Poth diskutiert viel und gerne, um andere Leute zum Umdenken und Hinterfragen anzustoßen. Das gendergerechte Sprechen lässt sie auch als Theaterregisseurin noch sensibler auf ihr Gegenüber eingehen. Ihre journalistischen Projekte können zudem auf der Bühne wiedergefunden werden.

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