Fotoprojekt
Im Büro
In den Bilddatenbanken der Agenturen lagern unzählige Bilder mit Szenen im Büro. Mit unserem Büro-Fotoprojekt haben wir ausprobiert, was muss passieren, damit Frauen und Männer auf Augenhöhe abgebildet sind? So realitätsnah wie möglich.
Körpersprache ist alles. Es kommt auf kleinste Details an, in Mimik und Gestik. Sehen Sie selbst, was die Bilder erzählen: Wer hat das Sagen? Wer nervt? In welchem Machtverhältnis stehen die Abgebildeten zueinander?
Unsere Fotosession
Für Bildermächtig haben wir zwei junge Frauen, zwei im mittleren Alter und zwei Männer Szenen in einem Büro durchspielen lassen. Wer ist die Chefin? Gibt es einen Chef? Welche Stereotype assozieren wir mit welcher Bildsituation? Unsere Körperstudien: Machen Sie sich selbst ein Bild! Welches Foto würden Sie zur Bebilderung eines Artikels verwenden?
Die Fotosession hat Ronka Oberhammer konzipiert, fotografiert hat Julia Baier, Fotografin in Berlin.
Das Duo: Wer dominiert?
Die Gruppe: Wer hört wem zu?
Augenhöhe, wenn einer steht?
Wie wirkt es jetzt?
Diversität ist nicht immer zu sehen
Haben Sie es bemerkt? Bei einigen Fotosituationen hat eine junge Frau im Rollstuhl mitgewirkt. Wir haben das nicht extra herausgestellt. Sie sollte als Mitarbeiterin in diesem Büro als ganz selbstverständlich wahrgenommen werden. So wie es im realen Leben hoffentlich auch ist.
Bei Gruppenbildern ist es wichtig, möglichst ethnische Vielfalt sichtbar zu machen. 25 Prozent der Menschen in Deutschland haben eine familiäre Zuwanderungsgeschichte. Einigen ist dies anzusehen, oft ist es am Namen zu merken, manchmal auch nicht. Wenige haben einen Akzent. Wie geht der Bildjournalismus damit um? In den Bilddatenbanken fehlen Bilder, die die Bevölkerung in unserem Land repräsentieren. Überproportional häufig sehen wir in den Medien Schwarze Menschen. Da ist die Ethnie offensichtlich, bei den Models unserer Fotostrecke nicht.
Ronka Oberhammer
ist Fotografin und arbeitet als Bildredakteurin bei einem Fernsehsender. Sie hat für Bildermächtig die Konzepte für unsere Fotoprojekte erstellt und mit verschiedenen Fotografinnen realisiert. Ronka Oberhammer stammt aus Österreich und lebt in der Nähe von Berlin.
Wie können Sie als Fotografin Augenhöhe herstellen?
Angenommen, ich erhalte die Aufgabe, ich soll Mitarbeitende in einem Team fotografieren. Wenn dafür eine junge Frau und ein älterer Mann ausgewählt wurden, frage ich mich, wie kann ich als Fotografin eine Situation herstellen, die nach Gleichwertigkeit aussieht?
Ein älterer Mann wirkt schnell wie der Chef und die junge Frau ist dann die Sekretärin. So ist das Stereotyp. Aber es ist doch längst nicht mehr so, dass der Mann immer der Chef ist. Heute sind Frauen oft die Vorgesetzte. Mal sind sie jung, mal mittelalt, oder die Frauen sind gleich alt wie die Männer. In meinem Beispiel arbeiten die miteinander und sind auf einer Ebene. Wie kann ich das im Foto rüberbringen?
Haben Sie Tipps fürs Fotografieren?
Der Mann ist tendenziell immer größer und wirkt dadurch vielleicht dominanter. Da kann ich an kleinen Stellschrauben drehen: Die Frau etwas weiter nach vorne stellen. Oder ich kann die Frau sprechen lassen. Denn wenn sie auf dem Foto spricht, wirkt sie aktiver, als wenn sie nur zuhört. Sie soll doch eine Rolle als aktive Mitarbeiterin haben. Es kommt darauf an, diese Positionen einfach auszuprobieren. Wie ist es, wenn sie gestikuliert? Wenn sie einen Gegenstand in der Hand hat, wie hält sie den? Lauter solche Sachen. Das Wichtige daran ist, dass das authentisch wirkt.
Müssen Sie Impulse für die Körperhaltung geben?
Auf Stockfotos sehe ich oft unterwürfige Fotoposen. So erlebe ich Frauen im täglichen Leben nie. Beim Fotografieren stellen sich Frauen aber manchmal so hin und dann sage ich: „Nein, du würdest doch nicht so dastehen: mit Knick im Hals und in der Hüfte. Mach das nicht. So wirkst du schwächer, als du eigentlich bist.“ Frauen sollen so aussehen wie in ihrem Job, wo sie auch mal eine Diskussion anfangen und sich durchsetzen. Bloß nicht als Pose: Da kommt ein Mann, sagt was, und dann macht die Frau das auch. Die soll den Mann nicht lieblich nett von unten anschauen, sondern gerade heraus: Was will der? Dann kann sie darauf reagieren: „Was möchtest du von mir? Lass uns das besprechen!“
Was fehlt Ihnen bei Ihrer Arbeit als Bildredakteurin?
Stockfotos sind produziert für die ganze Welt, für tausenderlei Situationen. Dadurch wirken sie so beliebig. Ich schaue extrem drauf, ob das Bild authentisch wirkt. Manchmal sind diese Bilder überzogen und unnatürlich. So unglaubwürdig, dass das journalistisch nicht funktioniert. Je gekünstelter die sind, desto blutleerer sind sie auch, und dann nicht mehr ansprechend für Situationen, die wir im Journalismus brauchen.
Da würde ich mir wünschen, dass in der Stockfotografie auch mal sperrigeres Zeugs gemacht wird. Also Sachen, die nicht für alles gehen, sondern die spezieller sind, mit Variationen. Also ruhig mal die dominante Frau, die zum Chef spricht. Von mir aus kann im selben Raum die umgekehrte Situation inszeniert sein, aber dann hätte ich wenigstens eine Auswahl und es ist nicht alles so stereotyp.
Danke für das Gespräch.
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