Fotoprojekt Femizid:
Mehr als Scherben

Männerhände heben Glasscherben vom Boden auf

Wenn eine Frau getötet wird, gehen mehr als Gläser oder Flaschen zu Bruch. Ob ein Femizid ein Mord oder Totschlag ist, oder Körperverletzung mit Todesfolge, das ist eine juristische Frage. Fakt ist: Eine Frau ist durch Gewalt zu Tode gekommen, getötet von ihrem Partner. Er war ihr Ehemann, Lebensgefährte oder Freund. Es passiert jeden dritten Tag in Deutschland.

Fotos von
Katrine Larsen Mosbæk

Das Fotoprojekt Femizid

Die Fotografien mit den Glasscherben sind der Versuch, über eine Metapher ein Bild zu finden, das den Femizid verdeutlicht. Etwas ist zu Bruch gegangen, etwas Gewaltiges: Es ist mehr als ein Glas oder eine Flasche. Dieser Bruch betrifft die getötete Frau. Aber auch den Mann, der getötet hat. Ihre Angehörigen, Kinder, Eltern. Genauso den Freundeskreis, alle, die die beiden kennen und gekannt haben.

Die übliche, journalistische Bebilderung für den Femizid zeigt die Situation vor der Tat: die geballte Männerfaust, die zusammengekauerte Frau. Diese Bilder machen Angst, triggern womöglich Traumata bei Betroffenen. Es gibt Forderungen, andere Bilder für die Berichte in den Medien zu finden: Keine Reinszenierung, keine bildlichen Hinweise auf die Lebensverhältnisse. Gewalt an Frauen kommt in allen sozialen Schichten vor. Besser sind mutmachende Bilder, um sich aus Gewaltverhältnissen zu lösen.

Wie aber das Schlimmste bebildern, wenn die Frau tot ist? Eine schwierige Aufgabe, dies kreativ zu lösen. In einem Fotoprojekt, das Bildermächtig mit der Fotografin Sissel Thastum angeschoben hat, haben die Fotostudentinnen Katrine Mosbæk und Laura Volgger nach fotografischen Lösungen gesucht. Die drei haben zuvor in einem Fotoprojekt zum Thema Partnerschaftsgewalt zusammengearbeitet.

Die Frau ist tot

Mann mit lockigen Haaren sammelt Scherben auf, neben ihm auf dem Boden steht eine Schnapsflasche
Männerhände legen Glasscherben in eine Kehrschaufel. Eine Schnapsflasche und ein Glas stehen daneben.

Scherben lassen sich wegräumen

Männerhände heben Scherben eines zerbrochenen Glases vom Boden auf
Drei Frauen spielen Rummikub
Mann fegt Glasscherben in Kehrschaufel

Trauer über den Femizid

Frau sammelt Glasscherben vom Boden in ihrer Hand
Frau betrachtet die Glasscherben in ihren Händen. Ihr Kopf ist nicht zu sehen.

Katrine Larsen Mosbæk: „Ich wünschte, so ein Bild könnte die gewaltigen Folgen eines Femizids deutlich machen.“

Über die Fotografin

Katrine Larsen Mosbæk stammt aus Kopenhagen, sie arbeitete in einer dänischen Schule als Lehrerin für Handwerk und Kreativität. Nach ihrem Umzug nach Berlin machte sie ein Studium an der Neuen Schule für Fotografie und an der Ostkreuzschule für Fotografie.

Sie haben sich zuerst mit dem Fotoprojekt zur Partnerschaftsgewalt beschäftigt und nun mit dem Femizid. Woher kommt das Interesse?

Ich interessiere mich sehr für die Lebensgeschichten von Menschen. Ich bin jetzt Mitte dreißig, ich habe in Kanada, Spanien und Nordafrika gelebt, ich bin allein ein Jahr durch Neuseeland gereist. Auf Reisen siehst du viele fremde Kulturen. Was ich am meisten daraus gelernt habe ist, dass es wichtig ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. So siehst du mehr, als wenn du Menschen mit einer vorgefassten Meinung begegnest.

Ich nutze gern meine Kamera, um mich mit den verschiedensten Themen zu befassen. Vor meiner Fotoausbildung war ich mehr als zehn Jahre lang Lehrerin in Dänemark. Unter den Kindern waren welche, die in ihrer Familie Gewalt erlebt haben oder sexuellen Missbrauch. Ich versuche Bilder zu machen, die anderen ein Gefühl vermitteln, weil sie vielleicht das gleiche erlebt haben und sich damit identifizieren können. Ich glaube aber auch, Fotografie kann anderen Leuten Situationen vermitteln, die sie nicht selbst nicht kennen.

Welche konzeptionelle Idee hatten Sie für das Projekt Femizid?

Man kann nicht direkt fotografieren, was ein Femizid ist. Stattdessen habe ich fotografiert, dass etwas zerbrochen ist. Du musst das Töten nicht zeigen, das ist ein sehr schneller Moment. Die Reue, auch die Trauer aber, das bleibt sehr lange. Es entsteht eine großer leerer Raum, für alle, die nach dem Femizid zurückbleiben, die Familie, die Kinder der Getöteten.

Das ist so traurig. Es wäre so viel besser, die Leute früher wachzurütteln, damit es gar nicht erst zum Äußersten kommt. Ich wünschte, so ein Bild könnte helfen zu verstehen, welche gewaltigen Folgen ein Femizid hat.

Wie schwer ist es, Neues zu entwickeln?

Es ist sehr schwer, weil die stereotype Bildsprache so dominant ist und uns immer die gleichen Bilder einfallen. Es war ein interessanter Prozess, die Herausforderung anzunehmen und andere Wege zu gehen. Ich habe viel ausprobiert, um dahin zu kommen, wie die Fotos jetzt sind und wirken.

Sind Sie mit dem Ergebnis, mit ihren Fotos zufrieden?

Eigentlich schon. Es wäre interessant, weitere Fotoideen zum Femizid zu entwickeln. Vielleicht sollte ich die Idee ausbauen, Männer dazu zu fotografieren? Gewalttätige Männer brauchen Hilfe. Oft geht doch eine Spirale der Gewalt voraus, wie lässt das deeskalieren, rechtzeitig? Warum kommt es überhaupt dazu? Wie geht es einem Mann, der getötet hat, der dieses Bedauern über seine Tat empfindet, in all ihrer Endgültigkeit? Sowas darf einfach nicht mehr passieren.

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