Textlabor #4
Artikel und Genderstern
Eine Leserin hat zwei Gendersternchen kurz hintereinander gesetzt, eines im unbestimmten Artikel, eines im dazugehörigen Wort. Irritiert fragt sie: Ist das korrekt so?
„… nehmen wir ein*e Lokführer*in, die …“
Im weiteren Verlauf hat sie dann abgewechselt, mal von einer Lokführerin, mal von einem Lokführer geschrieben. Vom Textlabor erhofft sie sich einen Tipp, wie sie solche Schreibprobleme beim Gendern besser lösen kann.
Artikel wie Pronomen müssen korrekt auf den Einsatz des Gendersterns „reagieren“. Der Artikel, das Pronomen und auch das Adjektiv erhalten das Genderzeichen:
„… jedem*r junge*n Lokführerin …“
„… ein*e junge*n Lokführerin …“
Hier sehen Sie sofort: Beim Einsatz von Genderzeichen im Singular wird es grammatikalisch kompliziert. Oft passieren beim Deklinieren Fehler.
Und: Enthält ein Satz mehr als ein Genderzeichen, ist er schwierig zu lesen. Vorlesen lässt sich das oft gar nicht.
Die anerkannte Lösung ist: Weichen Sie auf den Plural aus. Dann muss kein weiteres Genderzeichen beim Artikel gesetzt werden:
„… nehmen wir junge Lokführer*innen, die …“
Wenn Sie den Genderstern benutzen, setzt der Text ein Zeichen mit einer bedeutsamen Botschaft: Lokführer*in können alle werden, egal welche geschlechtliche Identität sie haben.
Haben Sie es gemerkt? Im vorhergehenden Satz haben wir Lokführer*in im Singular verwendet, weil die Satzkonstruktion ohne Artikel möglich ist. Auch das ist so ein Gendertrick!
Je nach Medium oder Zielgruppe, also wofür oder für wen der Text gedacht ist, kann ein Genderzeichen nicht erwünscht sein. Verwenden Sie dann wenigstens die Beidnennung:
„… nehmen wir Lokführerinnen und Lokführer, die …“
Alternativ können Sie den Satz neutral formulieren und in einem Relativsatz die Tätigkeit beschreiben:
„… nehmen wir eine Person, die die Lok bedient …“
Ein letzter Vorschlag: Werden Sie konkret:
„Die Lokführerin Marianne B., die …“
Sie schreiben uns, dass Sie den Schreibtrick der Variation des Geschlechtes anwenden: Sie schreiben mal von einer Lokführerin und mal von einem Lokführer. Wir empfehlen, diese Genderschreiblösung nicht, denn sie kann verwirren. Kommt es auf das Geschlecht an oder ist das nur so geschrieben, um die Vielfalt zu verdeutlichen?
Arbeiten Sie lieber mit Umschreibungen und prüfen Sie, ob Sie an der einen oder anderen Stelle die Personenbeschreibung weglassen können. Oft ist sie durch den textlichen Zusammenhang überflüssig.
Was bei Ihrem Textbeispiel sehr schön deutlich wird: Eine Veränderung der Sprache ruft andere Bilder hervor. Den Beruf des Lokführers bzw. der Lokführerin halten viele für einen typisch männlichen Beruf und liegen damit nicht einmal falsch: Nur ungefähr vier Prozent der Personen, die in Deutschland Schienenfahrzeuge führen, sind Frauen – sowohl in der Ausbildung, als auch später im Job. Wer die weibliche Bezeichnung nennt, zeigt dass es möglich ist, als Lokführerin zu arbeiten. Wer ein Sternchen dazu nimmt, macht deutlich, dass dieser Beruf selbstverständlich auch trans-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen offensteht. Die eine wie die andere Formulierung macht jeweils diejenigen sichtbar, die diesen Berufsweg eingeschlagen haben – oder es vielleicht auch wollen.
Wir hoffen, wir konnten weiterhelfen.
Team Genderleicht
Rat und Expertise
Mitten im Sprachwandel gab es viele Fragen zum geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen. Das Team Genderleicht hat zwei Jahre lang viele Zuschriften beantwortet. Wir haben fachlichen Rat recherchiert und uns am allgemeinen Sprachgefühl bei unseren Anregungen und Empfehlungen orientiert. Wir finden: Zum Gendern ist alles gesagt. Eine Antwort auf Ihre kniffelige Frage finden Sie bestimmt hier im Textlabor.